faust gymnasium

Faust goes Jasper

Rückbesuch des USA-Austausches

Vom 27.09. bis zum 15.10. war ich zusammen mit 19 anderen Schülern und zwei Lehrkräften in den USA. Bevor ich über meine eigenen Erfahrungen berichte, würde ich gerne sagen, dass man die Erlebnisse des Austausches nicht richtig beschreiben kann - man muss es selbst erlebt haben.

Es war sehr schön, die Austauschpartner, welche ja im Juni bei uns waren, wiederzusehen und eine Weile bei ihnen zu bleiben. Schon der erste Schultag war definitiv eine ganz neue Erfahrung – von dem anderen Schulsystem bis zu den verwirrenden Gängen des Schulgebäudes. Die Jasper Highschool hat aber wesentlich mehr Schüler, obwohl Highschools nur aus den Klassen 9-12 bestehen. Außerdem ist die Schule ca. vier Mal so groß wie das Faust und hat mehreren eingebaute Sporthallen, ein eigenes Schwimmbad, Theatersaal, Trainingsräume (mit Sportgeräten zum z.B. Gewichtheben) und viel, viel mehr. Die Schüler haben ganz andere Fächer und können sieben davon frei auswählen, solange diese von den Zeiten her passen. Manche Lehrer bringen sogar ihre Haustiere mit, was den Wissenschaftsunterricht für mich sehr interessant gemacht hat.

Eines meiner persönlichen Lieblingsfächer war aber „Principles of teaching and child development“. An meinem letzten Tag in Jasper wurde mir in diesem Fach ein Roboterbaby gegeben, mit welchem die Schüler lernen, wie viel Verantwortung ein Baby ist und wie man sich um eins kümmert. Das Baby war nur für einen Zyklus "an", welcher zwischen 20 Minuten oder auch über einer Stunde dauern kann. Eine Erklärung habe ich natürlich nicht bekommen und laut den Reaktionen der Amerikaner habe ich mich nicht sonderlich gut angestellt, aber ich fand es sehr interessant und unterhaltsam. Die Amerikaner anscheinend auch.

Jegliche Sportteams o.Ä. sind an der Schule als Unterrichtsfächer vertreten und so habe ich auch zum ersten Mal einen „Marching Band“- Wettkampf gesehen, was auch sehr faszinierend war. Es war beeindruckend, wie viele Leute an einer Schule an so etwas teilnehmen und wie gut alle Bandmitglieder koordiniert sind. Sonst war die Zeit bei den Gastfamilien auch sehr schön und jeder von uns hat etwas anderes erlebt, manche waren in einem Freizeitpark oder haben mit Waffen geschossen. Ich zum Beispiel habe abends mit der Schwester meiner Austauschschülerin mit Bogen geschossen, was ich sehr interessant fand und auch schon länger mal machen wollte. Insgesamt fand ich meine ganze Gastfamilie sehr nett und ich hatte auch immer jemanden, den ich fragen konnte.

Besonders interessant war auch der Besuch bei den Amish, welche ohne Elektrizität, Autos, Maschinen usw. leben. Eine Schule von dort lädt bei jedem Austausch die deutschen Schüler ein, damit die Klassen sich gegenseitig Fragen stellen und kennen lernen können. Auffällig war sofort, dass die Kinder entweder zu Fuß, mit dem Fahrrad oder in Kutschen mit Pferden zur Schule kommen. Deshalb haben sie auch einen kleinen Pferdestall vor der Schule, damit die Kinder ihre Pferde dort lassen können. Die Amish lernen Deutsch, aber wir konnten wegen den verschiedenen Akzente nicht auf Deutsch, sondern nur auf Englisch reden. Die Lebensweise der Amish kommt uns zwar fremd vor, aber die Amish selbst haben dann nicht so „fremd“ gewirkt: die Kinder mussten wie wir in die Schule, haben sich mit ihren Freunden getroffen, haben gespielt und man hat sehr schnell gemerkt, wie ähnlich man sich doch ist, selbst wenn man anders lebt.

Beim Abschied aus Jasper haben viele geweint und alle waren traurig. Dieses Mal war es schlimmer als der Abschied in Deutschland, weil es ja die letzte Hälfte des Austausches war. Selbst wenn man sich privat wieder besucht – was so gut wie jeder vorhat – sieht man den Rest der Gruppe und andere, die man in Amerika kennengelernt hat, vielleicht nicht mehr wieder. Aber ich und viele andere bleiben im Kontakt mit denen, die wir näher kennengelernt haben und ich hoffe, dass ich sie irgendwann wieder besuchen kann.

Jasper war ja schon anders als wir es von Deutschland gewohnt waren, aber New York war natürlich eine ganz eigene Welt: als erstes bemerkt man die Hochhäuser, die einfach überall sind, egal wo man hinschaut. (Und die architektonisch alle irgendwie anders sind, was bei jeder Gelegenheit von den Lehrern betont wurde.) Am ersten Abend waren wir im Time Square und es war irgendwie surreal. Überall irgendwelche Lichter, Werbetafeln, riesige Menschengruppen, (viel zu überteuerte) Touristenläden, Straßenkünstler und viel mehr. Es ist zwar ungefähr so, wie man es auf Bildern und Videos sieht, aber selbst dort zu sein, ist einfach nochmal eine eigene Erfahrung. Und im Gegensatz dazu dann der Central Park, der einfach aus Wiesen, Bäumen, Waldgegenden und Teichen besteht und so friedlich wirkte. Klar, Straßenkünstler und ab und zu einen Touristenladen gab es dort auch. Aber die Hochhäuser, die um den Park herumstehen und von dem Park aus deutlich sichtbar waren, haben dann irgendwie einen anderen Eindruck hinterlassen. Künstlich angelegte Natur inmitten einer riesigen Großstadt. Der Park ist sehr schön, aber Natur fühlt sich für uns dann doch anders an.

... Und dann das Empire State Building. Das war für viele wahrscheinlich eine der größten Erfahrungen. An dem Tag, als wir dort waren, hat es extrem stark geregnet und einige von uns sind davor über zwei Stunden durch den Regen quer durch New York gelaufen (was definitiv auch ein Spaß war). Komplett durchnässt und schon leicht müde sind wir dann da angekommen, aber all das haben wir dann auf dem Empire State Building nicht mehr gemerkt, dafür waren wir alle viel zu aufgeregt. Die Lehrer haben versucht, dafür zu sorgen, dass wir am nächsten morgen auf das Gebäude hochgehen dürfen, weil es auch noch sehr nebelig war, aber das ging dann doch nicht. Und ich finde es auch gut so, denn so wir haben unsere eigene Erfahrung gemacht, die auch nicht jeder hat. Wir waren bei starkem Wind im 86 Stock mitten in der Regenwolke und konnten die Lichter durch den Nebel hindurch sehen. Durch den Wind hat sich der Nebel immer mal wieder so bewegt, dass wir tatsächlich New York sehen konnten. Die Aussicht war wunderschön. Obwohl oder gerade weil uns von den Lehrern eingetrichtert wurde, wir sollten immer überall auf all unsere Sachen aufpassen, wurde doch keiner von uns beklaut. Wie seltsam!

Zum Abschluss noch zwei von den chaotischen Situationen, die im Nachhinein wundervolle und lustige Erinnerungen sind, obwohl sie zuerst recht stressig waren: 1)  Schülerin versucht Gemüse nach Amerika zu importieren, wird vom Zoll mitgenommen 2) Lehrer sucht nach Schülerin, Schülerin kommt allein zurück, Lehrer weg... Zum Glück kam er aber auch wieder – sogar mit dem Gepäck der Schülerin :=)

Diese zwanzig Schüler und zwei Lehrer habe jetzt viele lustige, chaotische und auch stressige Erfahrungen und selbst wenn manche Schüler sich in zwanzig Jahren an nichts mehr aus dem Schulunterricht erinnern können, den Schüleraustausch - Jasper und New York - vergessen wir nicht.