Von 1970 bis zum Jahr 2000 unterrichtete Günther Wiese am Faust-Gymnasium Englisch und Evangelische Religionslehre. In Evangelischer Religionslehre arbeitete er zudem als Fachberater für das Regierungspräsidium (damals: Oberschulamt).
Stets mit Jackett auftretend und auf Distanz achtend verkörperte er einen Lehrertyp, den man heute „old school“ nennen würde. Trotzdem: Sowohl die Schüler*innen als auch das Kollegium schätzten seinen feinen, hintersinnigen Humor, bewunderten sein umfassendes Wissen und profitierten von seiner enormen fachlichen Kompetenz. Beispielhaft dafür stehen seine Erfahrungen aus Besuchen in Irland/Nordirland, wo er den Spuren der bürgerkriegsähnlichen Konfessionsstreitigkeiten nachspürte, und seine tiefe Vertrautheit mit dem Judentum und dessen Geschichte. Regelmäßig besuchte er mit Schüler*innen-Gruppen Sulzburg, um die Spuren jüdischen Lebens dort lebendig zu halten.
Günther Wiese war ein Lehrer, der neuen didaktischen und methodischen Entwicklungen gegenüber sehr aufgeschlossen war. Über lange Jahre hinweg betreute er mit Akribie und Sorgfalt, Genauigkeit und technischer Kompetenz die AV-Geräte (z.B. Fernseher, Videorecorder, Kameras, Overhead-Projektoren) und AV-Medien (z.B. Ton- und Videokassetten und Dias). Im Medienraum (dem heutigen Geographie-Zimmer), am großen Tisch vor dem Fenster, schraubte er Birnchen ein, reparierte die kaputten Geräte, gravierte sie, behob Wackelkontakte, zeigte bisweilen mit einem gewissen Stolz und gleichzeitigem Understatement, wie er aus mehreren kaputten Geräten ein funktionierendes gebaut hatte.
Auf Anfrage von Kolleg*innen hat er im Lauf der Jahre unzählige Sendungen aller Art auf Video aufgenommen, Tonträger, Filme, Bilder archiviert und katalogisiert und so eine große Mediathek aufgebaut. Günther Wieses immenser Fleiß half in den 90er Jahren der ganzen Schule, den Unterricht anschaulich und vielfältig zu gestalten.
Obwohl dem Naturell nach ein Konservativer öffnete sich Günther Wiese auch insofern früh neuen Unterrichtsmethoden, als er Materialien für Lernzirkel schnippelte, klebte, laminierte und begann, in einer Zeit Filme mit seinen Schulklassen zu drehen, als dies noch sehr ungewöhnlich war.
Zu seinem umfassenden Engagement gehörte, dass Günther Wiese einen Bläserkreis in der Schule ins Leben rief und leitete. Über viele Jahre war der Bläserkreis fester Bestandteil bei Schulkonzerten.
Im Ruhestand blieb Günther Wiese weiterhin aktiv. Er setzte zum Beispiel seine Forschungen über die Lokalgeschichte fort. Die BZ berichtete im Februar 2015 über die Ergebnisse der Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus in Staufen von 1932 - 1945. Sowohl an der akribischen Recherche als auch an der Präsentation der Ergebnisse war Günther Wiese federführend beteiligt.
Er spielte noch viele Jahre mit Freude im Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde St. Cyriak in Sulzburg und wie selbstverständlich gab er über mehrere Jahre Flüchtlingen, die Staufen zugewiesen wurden, Deutschunterricht.
In einer Abizeitung heißt es zu Günther Wiese: „When you are retired, the FG will miss a quality!”. So wird Günther Wiese in Erinnerung bleiben.