faust gymnasium

FAusTausch in Aix-en-Provence

Faust-Schüler am Lycée Paul Cezanne

 

Nachdem unsere französischen Austauschpartner*innen im vergangenen Dezember zehn kalte, aber schöne Tage bei uns in Staufen und Umgebung verbrachten, sollte vom 29.05.19 bis zum 07.06.19 nun der Rückbesuch in Aix-en-Provence stattfinden.

Bei frischen 18°C ging es am Mittwoch für unsere 25köpfige Gruppe, begleitet von Frau Zürn und Frau Hofmann, zunächst mit dem Reisebus nach Mulhouse. Geplant war die Weiterreise mit dem Zug nach Lyon, der entsprechende TGV hatte allerdings eineinhalb Stunden Verspätung, sodass wir den Anschlusszug nach Aix verpassten und einen Umweg über Valence nahmen. Die SNCF steht der Deutschen Bahn offenbar in nichts nach ;-). Schlussendlich kamen wir aber heil in Aix (bei ca. 10°C mehr) an, wo wir von unseren Gastfamilien empfangen und in unser Zuhause auf Zeit in der Stadt selbst oder den umliegenden Dörfern mitgenommen wurden. Meines Wissens fiel die Begrüßung bei allen herzlich aus, meine Gastfamilie hatte sogar Proviant für die viertelstündige Fahrt zu ihrem Haus in Venelles dabei, da sie wegen der Verspätung erwarteten, uns in halb verhungertem Zustand anzutreffen.

Dort angekommen wurde mir das kleine, aber gemütliche Haus im typisch mediterranen Stil gezeigt, Gepäck ausgepackt, und gegessen. Womit meine Familie mich fütterte, war stets sehr lecker, in meinem Fall jedoch selten typisch französisch. Von Pizza über Burger und Tortillas gab es so ziemlich alles. Der Essensablauf war landesentsprechender: Vor dem eigentlichen Essen wurde ein Apéritif zu sich genommen, der aus Baguette mit Olivencreme bestand, nach dem Hauptgericht gab es Nachtisch, z.B. frische Erdbeeren mit Sahne oder Kuchen und anschließend wurde Joghurt und Käse gereicht. In Frankreich wird übrigens mittags in der Schulkantine und abends mit der Familie warm gegessen, anders als in Deutschland, wo man ja meistens mittags warm und abends Abendbrot isst.

Der folgende Tag war ein Feiertag, den wir in den Familien verbrachten. Meine Gastfamilie und eine Menge ihrer Freunde nahmen mich an den Strand nach Sanary-sur-mer mit, wo wir nach Baden, Sonnen, Ballspielen und Essen das Städtchen besichtigten.

Am nächsten Tag, dem Freitag, machten französische und deutsche Schüler*innen einen Ausflug nach Arles, wo wir das römische Theater und Kolosseum sowie ein Museum besichtigten.

Das Wochenende war wieder zur freien Gestaltung in den Familien vorgesehen. Viele trafen sich zum Beispiel, um den Saint-Victoire zu besteigen, einen Berg, für den Aix bekannt ist, und dort zu picknicken.

Am Montag besuchten wir mit unseren Austauschpartner*innen den Unterricht am Lycée. Das war eine etwas bizarre Erfahrung. In Frankreich begannen die Sommerferien am Lycée aus unerfindlichen Gründen einen Monat früher als die am Collège, weswegen dieser Tag für viele der letzte Tag vor den Sommerferien war. Der „Unterricht“ war also vergleichbar mit dem, was wir die letzten Tage vor den großen Ferien veranstalten. Genau genommen hatte „meine“ Klasse nur Mathe (hier wurden ausgiebig Süßigkeiten verspeist) und Sport (es wurde geklettert, Volleyball gespielt und noch mehr gegessen).  Das ganze ausgedehnt von morgens 8 bis abends 19 Uhr. Dazwischen gab es jede Menge Freistunden und Mittagessen. Das war wohl noch das spannendste an diesem Schultag. Verglichen mit unserer Cafta war das Schulessen in Frankreich Luxus. Günstiger und mehr war es übrigens auch.

Am Dienstag gingen wir gemeinsam in den Calanques (Kreidefelsen) nahe der Stadt Cassis wandern, für viele wohl das absolute Highlight. Das war zwar anstrengend, aber die wunderschöne Aussicht über das Meer machte das locker wett. Auch durften wir in einer hübschen Bucht baden und uns in der Sonne bräunen. Beziehungsweise, in einigen Fällen, die die südfranzösische Sonne unterschätzt hatten, auch röten.

Den Mittwoch verbrachten wir Deutschen in Aix.  Aix ist von der Größe her vergleichbar mit Freiburg. Die Stadt ist ursprünglich römisch, was man teilweise auch noch sieht. Auffallend sind die vielen Brunnen. Man sagte uns, dass zur römischen Kolonialzeit heißes Thermalwasser daraus floss. Die Stadt florierte zu dieser Zeit, da es in der heißen, mediterranen Umgebung der einzige Ort war, an dem es Wasser im Überfluss gab. Viele würden wohl behaupten, dass das viermal größere Marseille die Hauptstadt der Provence sei, tatsächlich ist es aufgrund des wertvolleren Kulturerbes und der Geschichte aber Aix.

Nach der obligatorischen Stadtbesichtigung ging es noch zum Hôtel de Caumon, eine Art kleines Schloss, das heute als Museum dient. Wir bekamen eine Führung durch die zeitgemäß hergerichteten Räume und den prächtigen Garten.

Marseille besuchten wir Deutsche aber auch. Auch hier stand wieder eine Führung an, aufgrund der schieren Größe der Stadt (ca. 850 000 Einwohner, ca. 3 Mio. in der Metropolregion) jedoch nur durch das Viertel „Le Panier“. Früher ein gefährlicher und heruntergekommener Stadtteil, füllt sich Le Panier nach einer Renovierung und Umgestaltung nun langsam mit Leben. Am antiken Römerhafen, heute ein Jachthafen, bestaunten wir halblebendige Meeresbewohner aller Arten, die dort zum Verkauf standen (und für uns Deutsche nicht gerade verzehrbar aussahen). Dann ging es mit einem kleinen Schiff zur vorgelagerten Insel Frioul. Außer einigen Cafés nahe des kleinen Hafens war Frioul recht naturbelassen. Es gab dort zahlreiche malerische Buchten zwischen Kreidefelsen mit winzigen Strändchen. Wieder durften wir baden und die zuverlässig scheinende Sonne genießen.

Dieser letzte richtige Tag war ein toller Abschluss unseres Frankreich-Aufenthalts. Als Ausklang stand abends noch ein Apéritif mit den Gastfamilien in der Schule an.

Am nächsten Morgen hieß es dann leider schon wieder Koffer packen, Abschied von unseren neuen Bekannten nehmen und in den TGV steigen.

Auch wenn Französisch als Unterrichtsfach nicht den allerbesten Ruf hat, es ist etwas komplett anderes, in Frankreich zu sein und Französisch im Alltag zu hören und zu sprechen. Meist versteht man deutlich mehr als man denkt. „Man merkt, wie gestellt die Situationen im Schulbuch sind“, meinte jemand. „Ich verstehe in der Realität viel mehr als im Unterricht“, bemerkte jemand anderes. Beides kann ich nur unterschreiben. Die „wir sind in Frankreich, wir sprechen Französisch“-Mentalität mag stimmen, die Franzos*innen geben sich jedoch Mühe, einem alles zu erklären, und sind hocherfreut, wenn man sich (egal wie stockend, egal wie viele Fehler) versucht, verständlich zu machen.

Euch zukünftigen Zehntklässler*innen kann ich also nur empfehlen: macht den Austausch!

Abschließend möchte ich meinen Dank an die begleitenden Lehrerinnen Frau Hofmann und Frau Zürn von deutscher Seite und Frau Fritsch und Frau Eberstein auf französischer Seite sowie unseren unglaublich netten Gastfamilien aussprechen, die uns einen spannenden und angenehmen Schüleraustausch ermöglicht haben und ein tolles Programm für die zehn Tage zusammengestellt haben. Tatsächlich hat niemand, mit dem ich gesprochen habe, den Austausch als wirklichen Reinfall erlebt. Die „schlimmste“ Erfahrung war wohl ein „hm, naja, muss nicht nochmal sein“, während die große Mehrheit begeistert von der südfranzösischen Mentalität und dem genialen Wetter war. „Meine“ Familie hat mich schon eingeladen, im Winter zum Skifahren wiederzukommen, und sicher sind wir nicht die einzigen, die sich wiedersehen werden.